Einladung zum "Prümer Gang"
Der
Heimatverein "Alt-Ahrweiler" lädt geschichtlich interessierte
Menschen zum
"Prümer Grenzgang" ein.
Dieser
historische Grenzgang der Prümer Äbte innerhalb und außerhalb
Ahrweilers sollte etwa alle 8 bis 10 Jahre die Prümer Besitzungen
in der Gemarkung Ahrweiler bestätigen. In einer Zeit, als es noch
kein
Grundbuchkataster gab, waren solche Bestätigungen der
Eigentumsrechte zwingend notwendig. Die
erste Beschreibung eines Prümer Grenzganges ist uns aus dem Jahre
1430 überliefert.
Der Heimatverein führt
nun Interessierte auf den
historischen Spuren nach den
überlieferten Riten,
d.h. es
gibt auch eine Pause, wie seit alters her, am „Handkreuz“ mit
Rotwein, Weck und einem „Golddukaten“.
Die
Führung wird ungefähr 2,5 bis 3 Stunden dauern. Die
Teilnehmerzahl ist auf 28 begrenzt.
Termin:
Mittwoch, den 23. August 2017
Beginn: 14:30 Uhr am Marktplatz
Ahrweiler
Leitung und Bericht: Hans-Georg Klein
Bericht siehe weiter
unten.


Hans-Georg Klein
Der Heimatverein auf den Spuren Prümer Äbte
Der
Heimatverein wandelte mit vielen Gästen auf historischen Spuren. Sie
gingen den sogenannten "Prümer Gang" inner- und außerhalb der
Mauern. Dieser historische Prümer Gang ist für uns heute noch
so interessant, weil er eine genaue Beschreibung des Grenzverlaufes
des Prümer Herrenlandes gibt, dessen Grenzen sich fast über 1000
Jahre nicht geändert haben. Durch diese Beschreibungen, die uns aus
den Jahren 1430, 1549, 1694, 1712 und 1744 noch vorliegt, erhalten
wir einen ziemlich genauen Einblick in die Topographie und die
Besitzverhältnisse der alten Stadt Ahrweiler. Bei der Niederschrift
wurde nämlich auf ein Formular verzichtet. Man hat stets die
"topographische Aktualität" beachtet. Das macht diese Protokolle
heute noch so wertvoll.
Nach
dem derzeitigen Forschungsstand ist uns eine Beschreibung des
sogenannten Prümer Ganges erstmals im Prümer Hofweistum von
1430 überliefert. Die letzte erhaltene Version stammt aus dem Jahre
1744. Er wurde in verschiedenen Weistümern überliefert.
Bei
dem Prümer Gang handelt es sich um den Begleitgang des im
Prümer Urbar von 893 beschriebenen Ahrweiler Herrenlandes des
Klosters Prüm in der Größe von 50 Morgen und des dazugehörigen
Herrenweinberges rechts und links des Adenbachs.
Der
Prümer Gang beschreibt den Limitgang binnen und baußen
Ahrweilers. Er wurde alle 8 oder 9 Jahre an einem willkürlich
festgesetzten Tag unter der Leitung des Abtes oder des prümischen
Hofschultheißen und unter Teilnahme der 7 Schöffen und 28
Hofgeschworenen durchgeführt.
Mit
diesem Grenzgang erneuerte das Kloster Prüm seinen Besitzanspruch
auf das umschrittene Areal. Wenn in Prüm ein neuer Abt gewählt war,
so erschien dieser höchstpersönlich in Ahrweiler und nahm durch die
Umschreitung seines Grundbesitzes dieses Areal auch formalrechtlich
in Besitz. Das hatte für die dort lebenden Menschen weitgehende
Konsequenzen. Dabei müssen wir bedenken, dass es zur damaligen Zeit
noch kein Grundkataster gab und dass sich ein Besitzanspruch und die
daraus abgeleiteten Pflichten und Rechte in erster Linie auf
Zeugenaussagen stützen mussten.
Im
innerstädtischen Bereich wurde dieses Prümer Areal von den vier
Grindeln begrenzt. Sie standen in der Niederhut-, Ahrhut-,
Oberhut- und Adenbachhutstraße und markierten die Grenzen des Prümer
Hoheitsgebietes.
Innerhalb dieses Gebietes lagen alle zentralörtlichen
Versorgungseinrichtungen der Stadt Ahrweiler: die Pfarrkirche mit
dem Friedhof, der Pfarrhof, der zugleich Asylhof war, der
Marktplatz, der Marktbrunnen, das Rathaus mit dem Gewandhaus, die
Knaben- und die Mädchenschule. Ferner sind auf diesem
innerstädtischen prümischen Areal die Marktmühle, die wohl die
Prümer Bannmühle war, der Fischenischer, der Erensteiner und der
Gymnicher Hof sowie der Hof des Stiftes Münstereifel zu finden,
nicht zuletzt seien der neue Prümer Hof mit der Zehntscheuer und das
Gefängnis genannt, das Ausgangs- und Endpunkt des Prümer Ganges
war.
Bei
der Beschreibung des Prümer Ganges fällt auf, dass man durch
Säle und Scheunen hindurch gehen musste. Das lässt den Rückschluss
zu, dass dieser Gang älter als die innerstädtische Bebauung ist, die
man vor 1200 ansetzen kann.
Der
Prümer Gang ging vom Prümer Schloß (= Gefängnis) vor der
heutigen Volksbank gelegen aus auf die Wolfsgasse zu, durch das
Wolfsgässchen bis an die Stadtmauer. Dann schritt man weiter in die
Weinberge hinein, dort wo heute Drodtensbrück steht, geht das
Alverads Pfädchen, den Scheid rechts liegen lassend,
auf Alverad hinauf. Auf der halben Höhe bog man wieder zum
Adenbachs Grund ab. Dann ging man bis zur Lantershofener
Flurgrenze. Dort oben beim Handkreuz war Halbzeit. Hier
wurden die Zeugen mit Wein und Weck für ihre Arbeit entlohnt. In
späterer Zeit kam auch noch ein Entgelt von einem Louisdor (=
Goldmünze) pro Kopf hinzu. Vom Handkreuz ging es weiter zum
Gericht (= Hinrichtungsstätte), das Im Galgenfeld
stand, von dort über den Obersten Stummerich, den
Steinräuch, das heutige Steinräuchs Pfädchen (bis 1995)
herunter zum Adenbachtor. Vom Adenbachtor ging man durch den
Kolvenhof, dann über bebauten Grund zur Judengasse, die heutige
Niederhutstraße. Diese und den damals noch offenen Teich überschritt
man, musste wieder durch Höfe und Scheunen bis zur Plätzerstraße
gehen, ging diese weiter bis zum Hiertz, bog dann in die
Ahrhutstraße ein, umschritt den Erensteiner Hof, ging durch den
Fischenischer bzw. Blankarts Hof, hier musste man einen Saal
durchschreiten, kam an die Rausch, ließ die Marktmühle rechts
liegen, ging wieder durch Gebäude, kam beim Anwesen Körtgen in die
Oberhutstraße, umging den Deutschen Hof bis zur Altenbaustraße und
kehrte dann zum Gefängnis, dem Prümer Schloß, wo der Gang
angefangen hatte, zurück.
Verfassungsrechtlich umschreibt der Prümer Gang das prümische
Hoheitsgebiet, in dem der Abt von Prüm alleiniger Grund- und
Lehnsherr war. Mit diesem Gang wird uns auch der dem Prümer Hofrecht
unterworfene Gerichtsbezirk präsentiert. Das Prümer Hofgericht war
für Fragen und Streitigkeiten, die sich aus der Grundherrschaft
bzw. dem Lehnsverhältnis mit Prüm ergaben, zuständig. 28 Mitglieder
der Prümer familia., d.h. die von Prüm abhängigen Bauern,
Winzer und Kaufleute, fungierten als Hofschöffen, während die
übrigen Hofgenossen den Umstand bildeten. Dieser Gerichtsverband
drückte der Stadt- und Gerichtsverfassung Ahrweilers wichtige
Sondermerkmale auf. So beanspruchte Prüm, Kirchen-, Schul-,
Marktherr in Ahrweiler zu sein, und leitete das Recht ab, Mitherr
des Schöffengerichts zu sein. Sogar das Bürgermeisteramt wurde von
Prüm als Abtslehen angesehen. Die sieben Schöffen, die gleichzeitig
auch lebenslang Mitglieder des Stadtrates waren, mussten Prümer
Lehnsleute sein.
Die
damaligen Bewohner Ahrweilers und des Prümer Herrenlandes spürten
den Besitzanspruch des Prümer Abtes hautnahe.
Der
Abt beanspruchte als oberster Grundherr u.a.:
1.
Aller Grundbesitz in dem umschrittenen Areal gehört dem Abt. Niemand
darf hier Land besitzen, es sei denn, er habe es vom Abt oder einem
seiner Lehnsleute als Zinsland empfangen.
2. Für
alle auf Prümer Grund stehenden Gebäude wie Rathaus und Schule
musste die Stadt dem Abt einen Zins zahlen.
3.
Alle auf Prümer Areal wohnenden Kaufleute hatten dem Abt Zinsen zu
entrichten.
4.
Wenn jemand Türen und Fenster brechen lassen will, muss der Abt
gegen eine Gebühr zustimmen.
5.
Wenn jemand einen Übersprung - das war im Mittelalter modern - bauen
will, muss er dem Abt eine Gebühr entrichten.
6.
Jeder muss den Mist von der Straße fegen.
7.
Wenn jemand über Nacht Tische und Bänke auf der Straße stehen lässt
(hier ist besonders an die 4 Jahrmärkte und die Wochenmarkte zu
denken), darf der Schultheiß sie wegtragen und nur gegen eine Gebühr
wieder hergeben.
8. An
den Marktstrafen hat Prüm zu 3/10 Anteil.
Der Prümer Schultheiß bestimmt auch die Stellplätze auf dem Markt
und kassiert die Standgelder.
9. Als
Mitherr des Gerichts steht Prüm 1/3 aller Gerichtseinkünfte zu.
10.
Prüm verwaltet das Gefängnis und stellt einen der zwei
Gerichtsboten.
Die
Prümer Lehnsleute hatten dem Kloster noch bis zum Jahr 1794 zu
fronen. Aber der Frondienst war minimal. Das alte Sprichwort "Unter
dem Krummstab lässt sich gut wohnen" hatte auch für Prüm und
Ahrweiler seine Gültigkeit.
So
mussten die von Prüm abhängigen, unadeligen Lehnsleute jährlich 1
Karre Holz, 4 Karren Mist, neun Sester Hafer, 1 Huhn, zehn Viertel
Wein zinsen und einen Tag im Jahr den Herrenweinberg umgraben.
So hat
sich der auf das Prümer Urbar von 893 gegründete Rechtsanspruch bis
zum Ende des kurkölnischen Staates 1794 in Ahrweiler erhalten und
das städtische Leben nachhaltig geprägt.
Im
Übrigen ist Ahrweiler ein Paradebeispiel dafür, wie auf städtische
Rechtsverhältnisse gerichtete Weistümern (inklusive von Hofrechten
in Städten aufgegangener Villikationen), im Falle nicht erteilter
Stadtrechtsurkunden durchaus eine stadtrechtliche Ersatzfunktion
zuwachsen konnte.
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