Mühlenwanderung 2018
Heimatverein "Alt-Ahrweiler" lud zur Mühlenwanderung ein
Heinz Schönewald führte die Besucher quer durch Ahrweiler
Ausgehend vom Ahrweiler Winzerverein am Kautenturm führte der Tourismusexperte und Heimatforscher Heinz Schönewald am 07.07.2018 auf Einladung des Helmatvereins "Alt-Ahrweiler" 14 Mühleninteressierte bei strahlendem Sonnenschein quer durch Ahrweiler zu den Standorten 12 ehemaliger Mühlen der Rotweinmetropole.
In seinen Begrüßungsworten betonte Schönewald: "Glück zu" lautet die traditionelle Grußformel der Müller. Der Gruß geht auf die Wandertätigkeit der Müllergesellen zurück, die das Glück sprichwörtlich von einer Mühle zur nächsten tragen sollten, also ein "Glückwunsch" im wahrsten Sinne des Wortes. Dies galt als Schutz vor Unwetter, Missernte, Brand etc." Unter den Gästen war auch der Ahrweiler Auor Hans Georg Klein, der das Thema Mühlen schon in seinem Buch "Adels-, Klosterhöfe und Mühlen in Ahrweiler" 2012 bearbeitete.
An der westlichsten oder obersten Mühle von Ahrweiler, der Pfahls Mühle oder Ehrenwall'schen Mühle, erläuterte Schönewald die generellen Pflichten von Mühlenbesitzern und -pächtern: "Die Mühlenbesitzer hatten sich um das Mahlwerk, den Wellbaum, den Mühlstein, das Rad und das Wasserbett zu kümmern. Die Mühlenpächter hatten sich zu kümmern, dass die Mühle in Dach und Gefach instand gehalten wurde, Kämme und Stäbe in gangbarem Zustand waren und sie hatten die dort anfallenden Schwapen abzustechen. Auch die Mühlsteine mussten vom Müller laufend "geschärft" werden. Mit "Picke" und "Kranshammer" mussten die Furchen im Mühlestein regelmäßig erneuert werden, wenn diese verschlissen waren. Die Müller mussten die zu mahlende Frucht beim Bauern abholen und gemahlen wieder zurückbringen. Dies geschah per Pferd, Esel oder Maultier oder mit einer Kuh. Im Ausgleich durften die Müller auf dem Green, auf einer Wiese rechts der Ahr, die Tiere kostenfrei weiden lassen. Jede Mühle beschäftigte einen oder mehrere Mühlknechte, deren Aufgabe es war, die Pferde oder Esel anzutreiben und die Mehlsäcke auf- und abzuladen. Die Wassermühlen waren im Besitz adliger Familien oder von Klöstern. Die Abgaben des Müllers an den Grundherrn bestanden aus einem feststehenden Teil des gemahlenen Getreides. Schönewald merkte am Rande an, dass Müller mit 9,5 Prozent der häufigste Namen in Deutschland ist. 893 wird im Prümer Urbar keine Mühle in Ahrweiler erwähnt. Hingegen ist für Pützfeld, die damit die älteste Mühle im Ahrlal überhaupt ist, eine Mühle 893 genannt. Schönewald erklärte auch die Bezahlung der Müller: Pro Malter (ca. 109 Liter) des gemahlenem Getreides erhielt der Müller ein Mühlfass zugestanden. Dies waren etwa 1 /48 des Mahlguts oder 6 bis 7 Pfund Mehl pro Malter. Zur Abmessung des Malters hatte sich der Müller einer besonderen Messschüssel zu bedienen. Es war genau festgelegt, was die Müller für ihr Vieh verwenden durften und auch wie viele Tiere jedem Müller zur Haltung zustanden. In der Viehhaltung war somit der Müller sehr eingeschränkt. "Müllers Kuh oder Müllers Esel" weideten oftmals auf privatem oder städtischem Grund, wofür der Müller bestraft wurde. 1611 wurde den Müllern in Ahrweiler gegen jährliche Zahlung von 1 rtlr. in die Stadtkasse der Wachdienst künftig erlassen.
Auch über besondere Rechte dozierte Schönewald: "Manche Mühlen besaßen im Mittelalter Privatrechte. So hatte die Bannmühle tlw. Asylrecht, das heißt: Sie konnte einem flüchtigen Verdächtigen zeitweise Schutz vor Verfolgungen und Festnahme gewähren. Meist waren dies 6 Wochen und 3 Tage." Die Pfahls Mühle oder Ehrenwall'sche Mühle war eine sogenannte Beutelmühle, da das Mehl in dieser Mühle nicht nur gemahlen , sondern auch gesiebt (gebeutelt) wurde. Zum Auffangen des verschieden feinen Mehls war an der Mühle ein großer Beutel mit unterschiedlich starken Stoffeinsätzen angebracht. Bevor der sog. Beutelkasten erfunden wurde, musste das Mehl von Hand gesiebt (gebeutelt) werden.
1888 wurde die Mühle durch einen Brand beschädigt, übrigens der erste Einsatz der neu gegründeten FFW Ahrweiler. Erhalten ist in der Mühle noch der Brunnen , der von der Ehrenwall'schen Klinik heute als Brauchwasserzufuhr dient. Um 1906 wurde die Mühle von Dr. med. Carl von Ehrenwall gepachtet, der hier die erste Dampfmaschine zur Stromerzeugung für seine Kuranstalt einbauen ließ. Die Ehrenwall'sche Kuranstalt verfügte bereits im selben Jahr über elektrischen Strom. Mit dem Strom der Klinik wurde auch die Ahrweiler Straßenbeleuchtung und die Elektrische Gleislose Bahn betrieben. 1922 wurde eine neue Turbine angeschafft. Schönewald erklärte, dass es neben den Getreidemühlen in Ahrweiler auch Ölmühlen und Lohmühlen gab. Ölmühlen oder Olligsmühlen gewannen durch Stampfen und Pressen aus Raps, Walnüssen und Bucheckern das wertvolle Öl. Pflanzenöl diente als Küchenfett, zur Herstellung von Salben, als Brennstoff für Öllampen , als Anslreichmittel , zum Einfetten von Wolle und Leder, zum Löten, Härten von Stahl und zur Seifenherstellung . Die Rückstände der Ölbereitung bildeten als sog . Ölkuchen ein wertvolles Futtermittel. Lohmühlen mahlten die Rinde (Lohe) einiger Baumarten , meistens Eichenlohe (später auch Fichten ), um den Gerbstoff den Gerbereien zu zuführen. Die Müh lenexkursion führte weiter zur Schicks Mühle, Klosterrather Mühle, Stadtmühle oder Marktmühle, Pulvermühle im Weilergraben, Gereonsmühle, Blankenheimer oder Lindenmühle, Ferdinandsmühle oder Reuters Mühle, Weiße Mühle/Steinfelder Mühle.
Auch zum Mühlenteich hatte Schönewald in einem Exkurs Wissenswertes zu berichten: "Er ist 4,575 m lang, zweigt unterhalb von Walporzheim von der Ahr und fließt an der MariaHilf-Brücke in Bad Neuenahr in die Ahr zurück. Gefälle 14 m; 0,3 cm/m durchschnittliche Fließgeschwindigkeit; Breite beträgt -innerstädtisch- 2,20 m. Das Gefälle ist vergleich bar mit dem Gefälle der ca . 100 km langen römischen Wasserleitung aus der Eifel bis nach Köln. Unm ittelbar vor der Mühle ist das Gefälle und damit der Wasserdruck an der Arke unvergfeichsmäßig hoch. Das Wasser des Teichs stand im Eigentum der Mühlenbetreiber; in den dazwischen gelegenen Teilstücken des Mühlenteichs, konnten die Einwohner fischen. Müller hatten den Mühlenleich im Winter eisfrei zu halten. Hierzu hatten sich die Müller besondere (wasser- und frostfeste) Stiefel anzuschaffen. Einmal jährlich zu St. Bartholomäus (24.08.) wurde das Wasser im Teich abgelassen, um Reparatur- und Reinigungsarbeiten durchzuführen.
Am Freitag , 5. Oktober, 19 Uhr, hält Heinz Schönewald in der ehemaligen Synagoge In Ahrweiler einen Vortrag mit dem Titel "Die Mühlen von Ahrweiler".
Der Eintritt ist frei, Spenden erbeten.