Tunnel-Gedenkstätte "Die Stadt im Berg"


 
Tunnel 1Dieses Freilichtmuseum ist eine Gedenkstätte die an die letzten Kriegsjahre 1944/45 erinnern soll, als rund  2500 Menschen in diesem Tunnel Schutz suchten vor Bomben und Tieffliegerangriffen. Familien taten sich zusammen, Freunde und Nachbarn  zimmerten mit gegenseitiger Hilfe  Behausungen, auch „Büdchen“ genannt, in denen oft bis zu 20 Personen unter primitiven Lebensbedingungen wohnten.

Tunnel 2Der Silberbergtunnel ist Teil einer Bahnlinie, die den poetischen Namen „Die Unvollendete“ trägt und im Volksmund bis heute „die strategische Bahn“ genannt wird. Geplant war eine Schienenverbindung von Liblar bei Köln in Richtung Westen, die hinter Rech in die Ahrtalbahn einmünden sollte. Von den Berghöhen der Grafschaft bis hinunter ins Ahrtal mussten dabei auf einer Strecke von acht Kilometern rund 100 Höhenmeter überwunden werden. Hierzu wurden insgesamt fünf Tunnel durch die Berge des Ahrtals getrieben, wovon der hiesige Silberbergtunnel auf dem Weg Richtung Rech der Erste ist.

1910 - Eine neue Bahnlinie wird gebaut

Von Ringen kommend sollte die Bahn über ein Viadukt das Adenbachtal überqueren. Die fünf Pfeiler des Viaduktes stehen noch heute. Als zweigleisige Linie geplant durfte nach dem Versailler Vertrag nur noch eingleisig weitergebaut werden, was man an der Stufe in den Pfeilern gut erkennen kann. Die Bauarbeiten begannen im Jahre 1910. Auch während des ersten Weltkrieges wurde weiter gebaut - teilweise mit Hilfe russischer Kriegsgefangener - und danach unter den amerikanischen Besatzern. Die sahen die geplante Bahnlinie als wirtschaftlich sinnvoll an.
Nach der Besetzung des Ruhrgebietes wurden 1923 die Amerikaner von den Franzosen abgelöst und die verhängten einen sofortigen Baustopp.  Sie sahen in der geplanten Eisenbahnlinie weniger ein ökonomisches als ein strategisches Projekt.  Sie hatten nicht vergessen, dass ein großer Teil der Angriffstruppen im Jahre 1914 samt Material und auch der Nachschub für die Front über die Ahrtalbahn in Richtung Frankreich transportiert worden waren.
Als der Baustopp kam war die Linie in der Ahrtalregion schon fast fertig gestellt. Zwischen Rech und Ahrweiler lagen bereits die Schienen und der Schotter. Nur ein Teilstück fehlte noch: das Viadukt über das Adenbachtal. Die Pfeiler standen, das Holzgerüst war bereit zum Ausgießen mit Beton und die Lastenaufzüge waren installiert. Dann brachte der Baustopp das Ende.

1935 - Eine neue Nutzung des Silberbergtunnels

Tunnel 3Nachdem der Tunnel einige Zeit leer und ungenutzt gestanden hatte, wurde eine Champignonzucht eingerichtet. Damit ließen sich zum einen wertvolle Devisen sparen, die bisher für den Edelpilz–Import aus Frankreich ausgegeben wurden. Zum andern konnte man hier Langzeitarbeitslosen einen festen Job bieten. Unter Leitung des Ahrweiler Bürgermeisters Eiden und mit Unterstützung der NSDAP und der Verwaltungen wurde die „Ahr-Edel-Pilzzucht-GmbH“ gegründet. Die Ahrweiler Champignons wurden in alle Teile des Reiches geliefert. Im Innern des Tunnels beim Schein von Karbidlampen waren Männer mit dem Anlegen und Pflegen der Mistbeete sowie der Ernte der reifen Pilze beschäftigt. Frauen waren beim Sortieren, Abpacken und Konservieren im Einsatz.
Tunnel 4Die Gegebenheiten im Eisenbahntunnel waren für die Edelpilzzucht ideal. Die gleichbleibende Temperatur von 13 Grad in feuchter Dunkelheit war die erste Voraussetzung für den Erfolg. Dann brauchte man noch den geeigneten Pferdemist und natürlich die „Brut“.  Die musste man allerdings, zum Leidwesen der Betreiber, noch immer aus dem Ausland, vorwiegend aus Frankreich und Ungarn, importieren.
Was am Tag der Ernte nicht abgesetzt werden konnte, wurde in einer eigenen Anlage vor Ort in Büchsen konserviert. Die Beete im Tunnel lieferten zwei Ernten pro Jahr. Die erste Ernte im Jahre 1935 erbrachte 4 kg pro m².

 

1944 bis 1945 - Der Silberbergtunnel bietet Schutz

In Bunkern haben viele gelebt, wenige Städte aber in einer solchen Tunnelbehausung. In Ahrweiler wohnte während des 2. Weltkrieges von etwa 1944 - 1945 die ganze Stadt darin, und je mehr diese Stadt unten im Tal durch Bombardierung Wunden empfing, um so mehr versuchten die Einwohner, sich hier oben einzurichten, so gut es ging. Es war nicht komfortabel, aber es war Fels darüber, der vor dem Schlimmsten schützte.
In den Verschlägen hausten oft drei, vier, sechs Familien. So verging das Leben der Städte in den letzten Kriegswochen, bis dann alle eines Tages aufatmen konnten. Wie tief waren die ersten Atemzüge, ohne noch Gefahren  vom Himmel befürchten zu müssen, damals, als keine Bomben mehr fielen ... . Es kamen die Nachkriegsjahre, die anfangs hart genug gewesen sind, aber bald durften sich die Menschen sich des sicheren Lebens freuen.
Tunnel 5Im Tunnel gab es Buden und Hausnummern, eine Kapelle und eine Arztpraxis.
Damit die täglich anfallenden Postsendungen, meist sehnlich erwartete Feldpostbriefe, ihre Adressaten finden konnten, wurden diese „Büdchen“ mit Nummern versehen und die Bewohner in einer Liste aufgeschrieben.
Denn auch der Tunnelarzt musste ja wissen, wo er seine Patienten finden konnte. In diesem Tunnel wurden nicht nur Kranke behandelt und gepflegt, es wurden auch Kinder geboren und es wurde gestorben.
Es entstand eine regelrechte "Stadt im Berg".

Abends nach Einbruch der Dunkelheit gingen die Menschen in Scharen hinunter in die Stadt, in ihre Wohnungen und Häuser, falls diese nicht einem Angriff zum Opfer gefallen waren, um ihr Vieh zu füttern und Proviant zu besorgen. Vor Anbruch des Tages kehrten sie dann, bepackt mit Säcken und Körben, in den sicheren Berg zurück.
 
Ein zweiter Tunnel im Anschluss an die "Stadt im Berg" wurde während des Krieges zur Herstellung von Teilen der V2-Rakete genutzt. Von hier aus erfolgte eine notdürftige Versorgung mit elektrischem Licht für die Schutzsuchenden.
Diese kriegswichtige Anlage und das Ahrtal als Hauptnachschubstrecke für die Westfront gaben Anlass zu täglichen Bombenangriffen und Tieffliegerbeschuss. Da es sich hier aber um gezielte Angriffe handelte, fanden diese nur bei Tage statt und bei einigermaßen gutem Wetter.

Am 29. Januar 1944 war der Himmel mit einer dichten Wolkendecke verhangen. Die Sichtverhältnisse waren mäßig. Tieffliegerangriffe waren wohl an diesem Tag nicht zu befürchten. Darum blieben auch viele Tunnelbewohner in ihren Häusern. Dieser fatale Irrtum kostete zahlreichen Menschen das Leben.

Liste der Tunnelbewohner