Page 8 - Ahrweiler Mundart ABC
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Vorwort
Vorwort
Es gibt zur Zeit auf der Welt noch zirka sechstausendfünfhundert verschiedene Sprachen,
von denen die Mehrzahl dem unausweichlichen, lautlosen Verschwinden ausgesetzt sind.
Alle Tage stirbt eine Sprache auf dieser Welt, wenn der letzte Mensch, der diese Sprache
beherrscht, gestorben ist.
In erster Linie sind Sprachen in Australien, in Ozeanien und in Nord- und Südamerika, die
Sprachen der fünfhundert schon ausgestorbenen und zur Zeit auch sterbenden indianischen
Rassen davon betroffen. Die Entstehung neuer Sprachen ist übrigens nur ganz vereinzelt zu
beobachten. Sprachen, die keine Schrift haben, sind dem allgemeinen Vergessen für immer
ausgesetzt. Ausnahmen davon sind Latein, Alt-Griechisch, Alt-Ägyptisch, Alt-Syrisch, Spra-
chen, die heute wenige Gelehrte sprechen, weil sie ihre Schrift lesen können.
Kommen wir nun zu unserer einheimischen Sprache und ihrer Entstehung. Die keltischen
Besetzer Europas und auch unserer Heimat bis 50 v. Chr. hatten zwar eine Sprache, aber kei-
ne Schrift. Und so ist diese keltische oder eburonische Sprache für uns heute nicht mehr
nachvollziehbar. Erst nach dem Einfall und der Besetzung des Rheinlandes durch Cäsar wur-
de das Latein hier eingeführt und von der Urbevölkerung der Ubier, die aus dem Westerwald
kamen, als allgemeine Verkehrssprache bis etwa 450 n.Chr., also fünfhundert Jahre lang,
angenommen. Dann kamen die völkischen Überschwemmungen unserer Heimat durch die
Franken und die Einführung einer germanischen Grammatik unter Beibehaltung lateinischer
Lehnwörter. Reines Latein blieb weiter die Sprache der Kirche, der Ärzte, der Juristen, der
Beamten und der Höfe. Aus dieser Sprache entwickelte sich im Mittelalter das Alt-Hoch-
deutsch und das Mittelhochdeutsch. Zur Zeit befinden wir uns im Raum der neusprachlichen
deutschen Hochsprache und seitens des Dialektes in der Phase des neusprachlichen kölnisch-
ripuarischen Sprachschatzes.
Nach der Besetzung des Rheinlandes durch Napoleon von 1794 bis 1819 kam es zu einer
Überflutung unserer Sprache mit französischen Wörtern, eine Folge des Kulturgefälles zwi-
schen Frankreich und Deutschland. Viele dieser Wörter sind inzwischen wieder in Verges-
senheit geraten, unmodisch oder gar unverständlich geworden. Manche haben sich jedoch
gehalten.
Während des Nationalsozialismus kam es zu einem Versuch des Verbots bzw. einer Säube-
rung der deutschen Sprache von allen ausländischen Ausdrücken, was aber nicht gelungen
ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam wiederum eine Überflutung der deutschen Sprache
durch sogenannte Anglizismen, also durch englische oder amerikanische Wortbegriffe. Dies
geschah nicht so sehr nach dem alten Sprichwort, dass die Besiegten die Sprache der Sieger
annehmen, sondern wie man gerade in der Gegenwart sieht, aus der technischen Überlegen-
heit der englischsprechenden Völker, besonders sichtbar in der Computersprache, da hier
keine deutschen Ersatzwörter mehr angewandt werden bzw. gefunden werden, um sich inter-
national verständlich zu machen.
Zudem finden wir auf der ganzen Welt die Suche nach einer Weltsprache. Der Versuch vor
einem halben Jahrhundert, eine künstliche Sprache – das Esperanto – einzuführen, ist
gescheitert. Wahrscheinlich, so sehen es manche Visionäre, werden die Menschen in einem
halben Jahrhundert fast alle Zweisprachler sein, wobei die Heimatsprache beibehalten wird
und Englisch als Zweitsprache allgemein Verbreitung finden wird.
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